Internationale Arbeitsorganisation

Internationale Arbeitsorganisation
Internationale Arbeitsorganisation,
 
Abkürzung IAO, englisch International Labour Organization [ɪntə'næʃnl 'leɪbə ɔːgənaɪ'zeɪʃn], Abkürzung ILO [aɪel'əʊ], französisch Bureau International du Travail [by'ro ɛ̃tɛrnasjɔ'nal dy tra'vaj], für Arbeit und Sozialpolitik zuständige Sonderorganisation der UNO (seit 1946); Sitz: Genf; 175 Mitgliedstaaten (2001). Die IAO wurde 1919 auf gewerkschaftliche Initiative durch den Versailler Friedensvertrag (Völkerbund) aus der Erkenntnis gegründet, »dass der Weltfriede auf Dauer nur auf sozialer Gerechtigkeit aufgebaut werden kann«. Aufgaben: 1) Aufbau einer als Internationales Arbeitsgesetzbuch bezeichneten Sammlung von internationalen Übereinkommen und Empfehlungen, die Mindestnormen festsetzen, an denen sich Politik, Gesetzgebung und Praxis in den Mitgliedstaaten orientieren können. Diese Normen wahren die grundlegenden Menschenrechte im Arbeitsleben, gewährleisten u. a. die Vereinigungsfreiheit, verbieten Zwangs- und Kinderarbeit und helfen, Diskriminierungen im Berufsleben zu beseitigen. Andere Regelwerke fördern Vollbeschäftigung, Berufsausbildung und soziale Sicherheit, schützen Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer und verbessern Arbeitsbedingungen und -beziehungen. Bisher wurden 176 Übereinkommen und 182 Empfehlungen angenommen, die für die ratifizierenden Mitgliedländer verbindlich sind. Die Anwendung wird durch Organe der IAO überwacht. 2) Technische Zusammenarbeit (Entwicklungshilfe); ein umfangreiches Programm soll v. a. Entwicklungsländern helfen, die IAO-Normen erfüllen zu können und ihr Arbeitskräftepotenzial voll auszuschöpfen. Schwerpunkte sind Arbeitsplatzförderung als Maßnahme im Kampf gegen Massenarmut, Aus- und Weiterbildung von Arbeitnehmern und Führungskräften (Internationales Bildungszentrum in Turin), Förderung von Kleinbetrieben, Unterstützung von Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften. Sonderprogramme zielen v. a. auf ältere Arbeitnehmer, Frauen, Behinderte und Wanderarbeiter. Von Deutschland wird z. B. ein 10-Jahres-Programm gegen Kinderarbeit (100 Mio. DM) finanziert. Ein neuer Schwerpunkt ist die sozialpolitische Flankierung des Transformationsprozesses in den Reformstaaten Mittel- und Osteuropas. 3) Forschung, Dokumentation und Information im Arbeits- und Sozialwesen zur wissenschaftlichen Untermauerung der normsetzenden Tätigkeit und technische Hilfe der IAO, u. a. durch das Internationale Institut für Arbeitsfragen, Genf.
 
Ihre besondere Bedeutung für die Entwicklung der internationalen Sozialpolitik verdankt die IAO ihrer dreigliedrigen Organisationsstruktur (Tripartismus), die Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter neben den Regierungsdelegierten an der Willensbildung beteiligt. Organe: 1) Die Internationale Arbeitskonferenz (IAK), die jährliche Vollversammlung der Mitgliedstaaten (zwei Regierungs-, je ein Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter), verabschiedet neue Arbeitsnormen und Empfehlungen, das Tätigkeitsprogramm und den Haushaltsplan und wählt alle drei Jahre den Verwaltungsrat. 2) Der Verwaltungsrat (28 Regierungs-, je 14 Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter) trifft wichtige Programmentscheidungen und überwacht das Internationale Arbeitsamt. 3) Das Internationale Arbeitsamt (IAA) mit weltweit rd. 3 000 Beschäftigten fungiert als ständiges Sekretariat und Exekutivorgan der Organisation; sein Generaldirektor wird auf jeweils fünf Jahre vom Verwaltungsrat gewählt. Dem IAA sind Regional- und Zweigämter zugeordnet. - In Anerkennung ihres Beitrags zur Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse sowie ihres Einsatzes für den Schutz der Menschenrechte im Arbeitsleben erhielt die IAO 1969 den Friedensnobelpreis.
 
Veröffentlichungen: International labour review (1921 ff.); Official bulletin (1923-74, seit 1975 in Reihen aufgeteilt); Yearbook of labour statistics (1935/36 ff.); Labour law documents (1990-95, früher unter anderem Titel); Die Welt der Arbeit (1992 ff., früher unter anderem Titel); World employment (1995 ff.).
 
 
Weltfriede durch soziale Gerechtigkeit. 75 Jahre IAO, hg. vom Bundesministerium für Arbeit u. Sozialordnung u. a. (1994).

Universal-Lexikon. 2012.

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